Auszüge aus der Vereinschronik


 

 

Die Vereinschronik -  Entstanden zum Vereinsjubeläum 20 Jahre KSV Auedamm;

geschrieben und zusammengestellt von Jürgen Würzberg

 

Die vollständige Chronik erhalten Sie in der Geschäftsstelle

 

 


Die Vorgeschichte

 

Im Frühsommer des Jahres 1987 erfuhr Jürgen Würzberg (im weiteren Verlauf dieses Berichtes werde ich die Ichform wählen), damals Sportwart Alpin der Skiabteilung, durch persönliche Kontakte zu Vorstandsmitgliedern des KSV Hessen Kassel, dass wieder einmal erhebliche Liquidationsschwierigkeiten bestehen und im engsten KSV - Zirkel (u. a. Wirtschaftsratsmitglieder) an einer Entschuldung gearbeitet werde. In diesem Zusammenhang sei daran gedacht, auch das Vereinsgelände am Auedamm 17 zu verkaufen.

Hierüber war ich einigermaßen verärgert, insbesondere über die Geheimnistuerei, und forderte mit Schreiben vom 07.07.1987 von dem Vorstand des KSV Hessen Kassel Aufklärung. Zugleich schlug ich in diesem Schreiben einige Maßnahmen zur Belebung des Vereinsgeländes vor, unter anderem die Gründung einer Wassersportabteilung und den Bau eines Tennishartplatzes auf dem Freizeitgelände am Auedamm. Gleichzeitig informierte ich Karl Beuermann, damals Ehrenvorsitzender des KSV Hessen und Dr. Herbert Schieß, damals Justiziar des KSV Hessen Kassel. Karl Beuermann war sofort zu einem Gespräch bereit und gemeinsam versuchten wir über die Presse (HNA) die Gründung einer Wassersportabteilung. Wir mussten feststellen, dass das Interesse sehr gering war und dass die geheimen Verkaufsverhandlungen über unsere Freizeitanlage weiterliefen.

Am 05.11.1987 ließ der Vorstand des KSV Hessen in einer Vereinsratssitzung die Katze aus dem Sack. Schatzmeister Kunkel stellte die finanzielle Gesamtsituation des Vereins dar und machte insbesondere die Amateurabteilungen Fechten, Handball, Schwimmen und Volleyball neben dem starken Rückgang der Zuschauerzahlen im Lizenzfußball mitverantwortlich für die Schwierigkeiten. Die Hausbank gebe keine weiteren Kredite mehr. Jedes Jahr seien ca. 200.000,- DM Schulden gemacht worden (Verantwortlich war aber wohl der Lizenzfußball. Das wussten alle). Man sei sich einig, dass das Grundvermögen am Auedamm 17 zur Schuldentilgung verkauft werden müsse. Er bat die Abteilungsleiter, dem Vorstand und dem Wirtschaftsrat des KSV Hessen Vertrauen zu schenken. Reinhard Froeb warnte daraufhin vor einem Verkauf und ich beantragte und setzte den Beschluss durch, dass ohne Zustimmung des Vereinsrates (dazu gehörten neben dem Vorstand und Ältestenrat auch die Abteilungsleiter) das Gelände am Auedamm 17 nicht verkauft werden dürfe.

Ich vertraute gleichwohl nicht den Zusicherungen, ermittelte weiter und erfuhr, dass bereits ganz konkrete Verkaufsverhandlungen mit der GHK stattgefunden hatten, die bereits sehr weit gediehen waren (die Rede war von einem Kaufpreis von 1 Millionen DM und Zuschüssen aus Wiesbaden). Es war bereits 5 Minuten nach 12.00 Uhr!

Ich regte nun die Gründung eines neuen Vereins an und informierte und überzeugte insbesondere meine Freunde aus der alpinen Sparte der Skiabteilung und Karl Beuermann. Karl Beuermann vertraute ebenfalls dem Vorstand nicht mehr und informierte seine Seniorenschaft. Wir luden sodann zum 23.11.1987 zu einer „Besprechung" in unser damaliges Clubhaus Damaschkestraße ein: „Die kritische Entwicklung um das Freizeitgelände Auedamm 17 macht eine Aussprache über evt. Lösungsmöglichkeiten durch entfaltende de Initiativen notwendig. Zu dem Gespräch über sich anbietende Lösungen lade ich hiermit ein ... Verteiler: Lengemann, Beuermann, Bielenberg, Eichbaum, Froeb, Janson, Lentvogt, Lindig, A., Lindig, E., Ravior, Schreiber, Wilhelm I, Würzberg". Hier wurde die Gründung des KSV Auedamm e. V. besprochen und beschlossen. Eine Einladung zur Gründungsversammlung am 22.03.1988 wurde entworfen.

Eberhard Lindig nahm die Aufstellung eines Wirtschafts- und Finanzplanes in Angriff. Anmeldeformulare (Lengemann) wurden erstellt. Die Presse wurde informiert. Die Zusammensetzung des Vorstandes wurde diskutiert ... und was sollte das alles kosten? Es ging nun Schlag auf Schlag. Ein Gespräch mit dem damaligen Oberbürgermeister Hans Eichel über einen weiteren Schuldenerlass blieb erfolglos. Die wirtschaftliche Planung durch Eberhard Lindig mit gleichzeitigen Verhandlungen bei den Banken nahm Gestalt an.

Karl Beuermann wurde in einem Gespräch in der HNA (Teilnehmer Rolf Wiesemann) darüber informiert, dass er trotz seines bereits fortgeschrittenen Alters wegen seiner großen Verdienste im Kasseler Sport zunächst Vorsitzender werden müsse, wozu er sich auch bereit erklärte. Ich übernahm die Organisation der Gründungsversammlung und der Vorbereitung einer Vereinssatzung sowie die Mitgliederwerbung. Beuermann und ich führten die Gespräche mit dem Vorstand des KSV Hessen-Kassel. Karl-Heinz Lengemann erwies sich als „Bedenkenträger", übernahm dann aber doch den Druck der Einladungen und der erforderlichen Satzungen.


Die Vereinsgründung

 

Nachdem Karl Beuermann sich der Zustimmung seiner Seniorenschaft und ich mich der Zustimmung der alpinen Sparte und der Skigymnastikgruppe der Skiabteilung versichert hatten, erfolgte die Einladung zur Gründungsversammlung am 22.03.1988. Unser Vereinsziel hieß damals in der Präambel: Die Gründung des Vereins Kasseler Sportvereinigung Auedamm e. V.  durch die Unterzeichner der Präambel - allesamt Mitglieder des KSV Hessen Kassel - ist notwendig, weil aufgrund der Finanzlage des Vereins die vereinseigene Freizeitanlage Auedamm 17 an der Fulda veräußert werden soll.


Die Gründungsmitglieder des KSV Auedamm haben bisher vergeblich versucht, dieses Vorhaben zu verhindern. Zur Erhaltung der Freizeitanlage Auedamm 17 an der Fulda in Kassel für die Mitglieder des KSV Hessen Kassel ist daher die Gründung eines rechtlich selbständigen Vereins erforderlich. Damit soll insbesondere sichergestellt werden, dass die Mitglieder des KSV Hessen Kassel auch weiterhin ihre im Jahre 1952 in schweren Nachkriegszeiten unter großen Entbehrungen erstellte Freizeitanlage nutzen können und dass die Anlage wieder zu einem Ort der Pflege und der Förderung der Geselligkeit im Geiste des Sports wird.
Die Gründungsmitglieder sehen in der Freizeitanlage am Auedamm eine der starken Wurzeln aus der Gründungszeit des KSV Hessen Kassel. Sie sehen keinen Grund, erscheine er augenblicklich auch noch so dringlich, den KSV Hessen Kassel einer seiner Wurzeln zu berauben.


Sie bekennen sich weiterhin zum Gemeinschaftsgedanken, der 1945 zur Gründung des KSV Hessen Kassel und 1952 zum Wiederaufbau der Freizeitanlage am Auedamm führte. Und gründen in diesem Sinne die Kasseler Sportvereinigung Auedamm e. V.

Unterschriften: Karl Beuermann, Jürgen Würzberg, Reinhard Froeb, Karl- Heinz Lengemann, Armin Lindig, Eberhard Lindig, Hermann Beth, Willi Janson.

Kassel, im März 1988

 

Ferner hieß (und heißt) es in §§ 4 und 5 der Satzung:


Der Verein ist dem Kasseler Sportverein Hessen Kassel sportlich verbunden aber rechtlich selbständig. Der Verein ist ausschließlich dem Amateurgedanken verpflichtet. Bezahlte Sportarten dürfen nicht ausgeübt werden.

Anwesend waren bei der Mitgliederversammlung 86 Personen aus allen Abteilungen des KSV Hessen Kassel, von denen allerdings nur 72 Personen Mitglied wurden.

 

Es wurde folgender Vorstand gewählt:

 

Erster Vorsitzender
Karl Beuermann

stellvertretender Vorsitzender
Jürgen Würzberg

weiterer stellvertretender Vorsitzender
Karl-Heinz Lengemann

Schatzmeister
Eberhard Lindig

Anlagenwart
Karl Schreiber

Sportwart
Gustav Eichbaum

Schriftführer und Jugendwart konnten noch nicht besetzt werden.

 

Am 22.03.1988 um 21.20 Uhr war der Verein gegründet und wurde am 28.09.1988 in das Vereinsregister bei dem Amtsgericht Kassel eingetragen


Schwierige Zeiten

 

Die mit dem Vorstand des KSV Hessen Kassel angestrebte Doppelmitgliedschaft aller damals etwa 3.000 Mitglieder des KSV Hessen Kassel zu einem Minimal-Mitgliedsbeitrag (1,- DM war angestrebt) klappte nicht.

Dringende Appelle von Karl Beuermann und dem damaligen Vorsitzenden des KSV Hessen Kassel, Meyer- Tonndorf, an alle Abteilungsleiter, Mitglied auch im KSV Auedamm zu werden, blieben ohne Erfolg.

Daraufhin verstanden viele Mitglieder des KSV Hessen Kassel die Appelle falsch, sie glaubten, es geht alles so weiter wie bisher, wobei insbesondere die Mitglieder der Schwimmabteilung meinten, eine Mark sparen zu können und dennoch das Gelände nutzen zu dürfen. Die Turnabteilung bot immerhin 500,-- DM Pauschalbeitrag für alle Mitglieder an, während die Schwimmabteilung auf die Idee verfiel, als einziges Mitglied ihren Abteilungsleiter (Janson) anzumelden und damit glaubte, das Nutzungsrecht für alle weiteren 300 Mitglieder erworben zu haben.

So ging es nicht weiter. Eberhard Lindig verhandelte mit den Banken und erreichte, dass diese die auf unserem Grundstück lastende Grundschuld mit 430.000,-- DM freigab, wenn wir die Hälfte als Kaufpreis zahlen würden.

Ein toller Erfolg. Ende Dezember 1988 konnten wir eine leichte Steigerung der Mitglieder auf 118 erreichen, darunter vorwiegend die alpinen Skiläufer und die Seniorenschaft. Damit war aber bei einem Mitgliedsbeitrag von 3,- DM die anstehende Darlehenstilgung nicht zu bewerkstelligen und wir hätten das Freizeitgelände nicht erwerben können. Alles musste erneut auf den Prüfstand. Unsere Mitgliederzahl war zu gering, zumal auch erhebliche Sanierungs- und Umbauarbeiten neben dem Kaufpreis aufzubringen waren.

Am 04.08.1988 erreichten wir in der Vereinsratssitzung des KSV Hessen Kassel, dass dieser mit 128 (qualifizierten) Stimmen bei 5 Gegenstimmen das Freizeitgelände am Auedamm 17 an uns, den neugegründeten KSV Auedamm für 225.000,-- DM verkaufte. Diesen Kaufpreis bezahlten wir über einen Kredit in Höhe von 330.000,-- DM, der zu damals hervorragenden 6,25 % Zinsen und 1 % Tilgung zu bedienen war.

Mit nur 118 Mitgliedern ging dies allerdings nicht. Der Beitragssatz musste auf 10,-- DM heraufgesetzt werden. Und wir bauten auf die Spendenbereitschaft unserer Mitglieder. Geld für sportliche Aktivitäten war zunächst nicht da. Trotz all dieser Schwierigkeiten (ich hatte inzwischen auch das Amt des Sportwarts übernommen) zogen wir die Sache durch, nahmen den Kredit in Anspruch, kauften das Grundstück nebst Gebäuden, wurden im Grundbuch als Eigentümer eingetragen und wurden Mitglied im Landessportbund Hessen am 31.07.1989 sowie damals in den Fachverbänden Handball, Leichtathletik, Schwimmen, Ski, Tennis,Tischtennis und Turnen. Kurze Zeit später nahmen wir Tennis , Schwimmen und Handball zurück (da hatte Karl-Heinz Lengemann ein wenig zu sehr in die Zukunft geschaut).

Unter Führung von Karl Schreiber wurde ein Bauausschuss gebildet, der tatkräftig die Sanierung unserer Clubräume anging. Es entstanden neue Duschräume. Die Sauna wurde renoviert, der alte Bootsraum (heute Heimat unserer Taucher) auf Vordermann gebracht, die Bocciabahn entstand usw. usw.

Vieles war marode. Der KSV Hessen Kassel hatte seit vielen Jahren nichts mehr in Ordnung gehalten. Wolfgang Ravior und Hermann Riede halfen wo sie konnten.

Und nun gab Schwierigkeiten mit dem KSV Hessen Kassel. Dort wurden Beschwerden laut, insbesondere ich würde die Mitglieder des KSV Hessen Kassel abwerben. Das war nur insoweit richtig, als alle alpinen Mitglieder der Skiabteilung in den KSV Auedamm gewechselt waren, um dort unter meinem Training an den Wettbewerben teilnehmen zu können.

Gleiches galt für Karl Beuermann und Armin Lindig, deren Seniorenschaft ihre Heimat im KSV Auedamm suchten und fanden. Die Doppelmitgliedschaft aller Mitglieder des KSV Hessen Kassel war gescheitert und viele Mitglieder, insbesondere diejenigen, die traditionell auf ihrem „Badeplatz" zu Hause waren, engagierten sich für diesen Verein, sahen, dass es dort aufwärts ging und wurden bei uns Mitglied.

Vor diesem Hintergrund waren Gespräche mit dem neuen Vorstand des KSV Hessen Kassel erforderlich, bei dem Reinhard Froeb federführend war. Reinhard und ich entwarfen einen Kooperationsvertrag zwischen beiden Vereinen, dessen Ziel eine gedeihliche Gemeinschaft miteinander auch in der Zukunft sein sollte. Das klappte gut, nur die Zukunft meinte es mit dem KSV Hessen Kassel leider anders.

Mit unseren Gaststättenpächtern hatten wir zunächst wenig Glück. Unser Nachbarverein, der Ruderclub RVC, dessen Clubhaus in Erbbaupacht auf unserem Gelände stand, zeigte Auflösungstendenzen. Wir versuchten eine Fusion, wobei die Gespräche (Würzberg - Lindig auf Seiten des KSV, Lehmann auf Seiten des RVC) zunächst gut liefen, dann aber scheiterten, als der Vorstand des RVC wechselte. Der RVC fusionierte nun mit dem Ruderverein Kurhessen und dessen Clubhaus sollte verpachtet oder verkauft werden. Wieder waren die GHK und die üblichen Verdächtigen im Spiel. Was dann folgte, war ein langwieriger juristischer Prozess auf allen Ebenen, der insbesondere meinen ganz besonderen Einsatz erforderte und schließlich zu einem guten Ende geführt wurde.

Dies habe ich vor einigen Jahren im Sportblick unter dem Titel „Der Prozess" ausführlich dargestellt.


Expansion

 

Die Seniorenschaft und die Skiläufer erhielten in den Gründungsjahren stetigen Mitgliederzuwachs und waren neben der „Badeplatzgruppe" die stärksten Sparten, wobei wir zu Anfang noch keine Abteilungen im heutigen Sinne hatten.
Wettkampfsportlich aktiv waren zunächst nur die Skiläufer, die gute sportliche Erfolge erzielten, das traditionelle Elfbuchenrennen ausrichteten, Skigymnastik anboten, Vereinsfahrten und Geselligkeiten organisierten.

Im Sommer 1990 zeigte der Tauchclub TWC Delphin Interesse an unserem Verein und suchte eine neue Heimat. Peter Seubert führte mit mir die Verhandlungen und am 01.10.1990 schlossen wir einen Kooperationsvertrag, wodurch 60 TWC-Mitglieder bei uns eine neue Heimat fanden.

Ein Kinderspielplatz entstand auf unserem Vereinsgelände. Ich besorgte das Material, Karl Schreiber und Karl Hutfles, der sich immer stärker für unseren Verein einsetzte, bauten den Spielplatz auf. Durch den Kooperationsvertrag, der auch bei den Gremien des KSV Hessen Kassel dank Reinhard Froeb unter Dach und Fach gebracht worden war, entkrampfte sich das Verhältnis zum KSV Hessen Kassel mehr und mehr, so dass gemeinsam auf unserem Gelände gefeiert wurde.

Wir bauten ein Freischachfeld, kauften Tischtennisplatten und schafften sechs Kanadier an. Eine kleine Gruppe Kajakfahrer schloss sich uns an, so dass wir alsbald Flussfahrten auf dem Programm hatten. Es wird Prellball gespielt, ein Herbstsportfest veranstaltet und Zissel gefeiert.

Die Schwimmabteilung (Janson) kann nicht verstehen, dass sich die Zeiten geändert haben. Es gibt Spannungen. Janson tritt aus. Versuche, den Verein an uns zu binden, scheitern.

Die Schwerathleten des KSV Hessen Kassel, die unsere Sauna (ein Vereinsangebot aber Zuschussgeschäft) genutzt haben, können ebenfalls nicht einsehen, Mitglied zu werden und verlassen uns ebenfalls.

Ein „Nachschlagen" des nunmehrigen RKVC Kurhessen können wir abwenden. Der RVKC will nicht verstehen, dass wir kein Ruderverein sind und unser Gelände nur gegen Entschädigung genutzt werden kann. Es laufen Bestrebungen über das Regierungspräsidium, uns den Zugang zur Fulda zu sperren und den Uferstreifen wegzunehmen (anderweitig zu verpachten). Makabre Begründung des RP: Wir hätten zugelassen, dass das Grundstück ohne Genehmigung betoniert und Schienen verlegt worden seien. Ich schalte mich nicht nur energisch, sondern auch politisch ein und erreiche das Ende dieses unliebsamen Zwischenspiels.

Karl Beuermann ist schon seit längerer Zeit gesundheitlich schwer angeschlagen und wir machen uns große Sorgen um ihn.

Erfreulicherweise haben wir im April 1990: 207 Mitglieder, davon 170 zahlende Mitglieder.

Ein Neubauprojekt (Abriss der Terrasse) wird diskutiert. Die Pläne müssen aber auf Eis gelegt werden, weil insbesondere der Prozess um das RVC-Gebäude noch läuft und dessen Nutzung eingeplant werden muss.

Die Mitgliederversammlung wählt am 04.04.1990 Karl Beuermann zum Ehrenvorsitzenden. Ich übernehme den Vorsitz, Uwe Wöhleke wird Stellvertreter, Eberhard Lindig bleibt Schatzmeister und Karl-Heinz Lengemann scheidet aus. Das Amt des Sportwarts übernehme ebenfalls ich, Anlagenwart bleibt Karl Schreiber, Schriftführerin bleibt Irene Ravior und Jugendwart wird Rudi Edelmann.

Zu uns stößt eine Radfahrgruppe mit Norbert und Ingo Stegner und wird auf Anhieb eine sportliche Bereicherung mit vielen Fahrten und sonstigen Aktivitäten.

Eberhard hat die Finanzen hervorragend im Griff. Wir erhalten einen Zuschuss des Landes Hessen über 17.550,-- DM. Das Spendenaufkommen ist dank Eberhards und meiner Initiative erheblich. Überhaupt harmonieren Eberhard und ich dank unserer Freundschaft zum Wohle des Vereins bestens.

Unser Clubhaus erhält ein neues Gesicht. Die sportlichen Belange gewinnen nun mehr und mehr an Bedeutung und verlangen von mir in Mehrfachfunktion so erheblichen Einsatz, dass ich das Amt des Vorsitzenden abgebe. Neuer Vorsitzender wird mein Skifreund Uwe Wöhleke. Ich bleibe Stellvertreter. Ingo Stegner wird Jugendwart. Alle anderen behalten ihre Ämter. Ingo Stegner erweist sich als jugendliche Bereicherung in unserem doch schon recht bejahrten Vorstand. Uwe kniet sich mit seiner ganzen Verwaltungserfahrung in die Vereinsgeschäfte.

 

Eine kleine Schachabteilung entsteht (leider nicht von langer Dauer) und eine Ehrenordnung wird in Angriff genommen. Der Gaststättenpächter wechselt wieder einmal. Unser Herbstsportfest wird zum Erfolg. Unser Verein wächst. Die Zukunft sieht gut aus.

Vorschau für den nächsten Sportblick: Der Tanzsportverein TC 97 kommt. Das RVC-Gebäude wird unser neues Clubhaus. Der KSV Hessen Kassel gerät in Insolvenz. Die Seniorensportabteilung, die Judoabteilung und die Turnabteilung kommen zu uns. Tischtennis kommt. Sehr gute Nachbarschaft zur ACT. Die Leichtathleten wollen leider nicht.


Der Prozess

 

Als die Verantwortlichen des KSV Hessen Kassel am 05. März 1960 den damaligen Sportskameraden des RVC Kassel in einem Erbbaurechtsvertrag das Recht einräumten, auf unserem Freizeitgelände an der Fulda ein Bootshaus zu errichten, haben sie nicht vorhergesehen, welche Prozesslawine 30 Jahre später hieraus entstehen würde.

Damals, ohne jedweden Hintergedanken, schrieb man in den Vertrag unter § 7, dass der Heimfall unter anderem dann eintreten soll, wenn der RVC aufgelöst wird oder sich selbst auflöst. Das geschah nun am 28. April 1990, als sich die beiden Rudervereine RK Nordhessen und RVC zum neuen „Ruderverein Kurhessen Cassel" vereinigten. Heimat des neuen Vereins wurde das Clubgelände des RK Kurhessen (Die Presse berichtete in großer Aufmachung).

Folgerichtig haben wir geglaubt, aufgrund des Erbbaurechtsvertrages von 1960 werde nun das Bootshaus nebst Grundstück an uns zurückgegeben, selbstverständlich gegen die im Vertag genau geregelte Entschädigung.

Das war weit gefehlt! Weder der neu gegründete Verein RKC noch der bisherige Verein RVC dachten daran, unseren Anspruch anzuerkennen, sondern gingen unverzüglich daran, das nun nicht mehr benötigte Bootshaus auf unserem Gelände wirtschaftlich zu nutzen. Schnell wurde uns klar, welche Gefahr hieraus für unser Vereinsleben erwachsen konnte, so dass wir beschlossen, dies unter allen Umständen zu verhindern.

Die Mitgliederversammlung erteilte dem Vorstand die erforderlichen Vollmachten. Der Vorstand bevollmächtigte Jürgen Würzberg und Eberhard Lindig mit der Durchführung der juristischen und wirtschaftlichen Schritte, die unverzüglich mit einem Antrag auf Löschung des Vereins RVC eingeleitet wurden.

Leider wurde dieser Antrag entgegen den Vorstellungen der Rechtspflegerin von dem Richter des Kasseler Vereinsregisters abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde bei dem Landgericht Kassel blieb ebenso erfolglos wie die weitere Beschwerde bei dem Oberlandesgericht Frankfurt.

Dieser für uns formaljuristisch verlorene Prozess hatte umgekehrt aber zur Folge, dass der RVC sich eben juristisch nicht mit dem RK Kurhessen vereinigt hatte, sondern dazu verdammt war, weiter zu bestehen. Ein Ergebnis, das diesem Verein im Hinblick auf die angestrebte Vereinigung am 28. April 1990 gar nicht recht sein konnte. Eine juristische Niederlage stellte sich für unseren Verein im Ergebnis als Erfolg dar. Da dieser Prozess ausschließlich im schriftlichen Verfahren in der sogenannten „freiwilligen Gerichtsbarkeit" geführt wurde, entstanden bis dahin keine Kosten.

Nun ging der RVC daran, sein Vermögen auf den RK Kurhessen zu übertragen und schloss am 03. Mai 1990 einen notariellen Vertrag über die Vermögensübertragung und verlangte von uns die Zustimmung hierzu. Diese Zustimmung haben wir verweigert und stattdessen um ein Gespräch zum Zwecke der außergerichtlichen Beilegung ersucht (28.05.1990). Ein solches Gespräch wurde jedoch davon abhängig gemacht, dass wir zuvor der Übertragung des RV-Rechtes auf den RK Kurhessen zustimmen sollten. Das konnten wir unmöglich tun, weil dann unser Rechtsanspruch aus dem Erbbaurechtsvertrag hinfällig gewesen wäre.

Ein Versuch vom 13. Juli 1990, über Sportamt, Sportdezernent, sportpolitische Sprecher der Fraktionen, doch noch zu einem außergerichtlichen Ergebnis zu kommen, blieb erfolglos. Wir erhielten nicht eine einzige Antwort!

Auch die Väter des Vertrages vom 1960 wurde daran erinnert, sich an die ungewöhnlich großmütige Grundstücksüberlassung zu erinnern und das Gelände im Geiste dieses Vertrages zurückzugeben. Neben verschiedenen ablehnenden Gesprächen erfolgte ein Antwortschreiben, das es wert ist, auszugsweise zitiert zu werden: „Wer ist denn Besitzer oder Nutzer? Doch nicht etwa der seit 3 Jahren bestehende KSV Auedamm. Der Alt KSV war unser guter Nachbar, mit dem wir jahrzehntelang harmonisch und kameradschaftlich zusammen lebten.

Wozu also jetzt Kontroversen oder gar Hickhack? ... Wer das Gebäude mit Bootshalle kaufen will, muss ca. 450,000,-- DM ... zahlen..." Die Fronten waren also klar. Der RVC zögerte auch nicht lange und beantragte, die Verweigerung unserer Zustimmung zur Vermögensübertragung durch das Amtsgericht ersetzen zu lassen.

Bedauerlicherweise gab das Amtsgericht Kassel diesem Antrag statt, ohne zu erkennen, dass mit dieser Vermögensübertragung einzig unsere Ansprüche aus dem Erbbaurechtsvertrag ausgehebelt werden sollten. Genau dies erkannte aber das Landgericht Kassel in seiner Entscheidung - inzwischen war der 30.09.1992 eingeläutet - sehr genau, hob den Beschluss des Amtsgerichts Kassel -auf unsere Beschwerde hin- auf und entschied, dass das Erbbaurecht des RVC nicht auf den RK Kurhessen ohne unsere Zustimmung übertragen werden dürfe. Aus dieser denkwürdigen Entscheidung einige wörtliche Auszüge:

„Der (KSV Auedamm) hat einen ausreichenden Grund, die begehrte Zustimmung zu verweigern, da durch die gep lante Veräußerung der Zweck der Bestellung des Erbbaurechts gefährdet wird... Dieser Zweck (die Ausübung des Rudersports) wird durch die Übertragung des Erbbaurechts gefährdet, da der RVKC ... das Erbbaurecht nicht selbst zur Ausübung des Rudersports nutzen will, sondern eine möglichst gewinnbringende Veräußerung des Rechts an einen Dritten plant... Darüber hinaus verhält sich der (RVC) treuwidrig, so dass auch aus diesem Grund die begehrte Zustimmung nicht ersetzt werden kann... Den Heimfallanspruch blockiert der Antragsgegner in redlicher Weise... Nach Auffassung der Kammer dient die im Vertrag vom 03.05.1990 gewählte Konstruktion (Vermögensübertragung) ausschließlich dazu, den Heimfallanspruch des (KSV Auedamm) ... zu umgehen und auf diese Weise den Verlust des Erbbaurechts zu verhindern. Ein anderer überzeugender Grund für die getroffene Regelung ist nicht ersichtlich."

Mit diesem denkwürdigen Beschluss trat die entscheidende Wende ein, denn dieser Beschluss wurde zwar vom RVC nochmals angefochten. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied aber, dass diese Entscheidung des Landgerichts grundsätzlich richtig sei. Zwischenzeitlich wurde versucht, über das Forstamt und den Regierungspräsidenten uns einen Teil des gepachteten Freizeitgeländes streitig zu machen, so dass wir uns auch an dieser Front energisch zur Wehr setzen mussten und schließlich erfolgreich blieben.

Aber auch dieser Versuch zeigte uns, wie wichtig es geworden war, das Bestehen des Erbbaurechts einer endgültigen juristischen Klärung zuzuführen, ganz abgesehen davon, dass auch das Bootshaus des RVC - vorsichtig ausgedrückt - in einen Dornröschenschlaf verfallen war. Die letzte Prozessrunde wurde nun von uns am 01. Juni 1992 eingeleitet, indem wir gegen den RVC (der eigentlich seit April 1990 gar nicht mehr bestehen wollte) Klage vor dem Landgericht Kassel erhoben mit dem Ziel, uns das Erbbaurecht (Gebäude und Grundstück) gegen Entschädigung zurück zu übertragen.

 

Am 12. Januar 1993 trafen wir wieder auf ein bestens vorbereitetes Gericht und erhielten ein Zwischenurteil des Inhalts: „Der Anspruch des Klägers auf Rückübertragung des im Erbbaugrundbuch ... verzeichneten Erbbaurechts ... ist dem Grunde nach gerechtfertigt." Gegen dies Urteil legte der RVC umgehend Berufung ein und verlangte die Aufhebung dieses Urteils.

Aus dem Rechtsanwaltsbüro Dr. Wilk, Katschinski, Zindel und Dr. Wenzel vertrat uns nun der bei dem Oberlandesgericht zugelassene Rechtsanwalt Dr. Wenzel in einer denkwürdigen vierstündigen Hauptverhandlung am 22. Oktober 1993 vor dem Oberlandesgericht in Kassel. Dieser Prozess endete schließlich in einem Vergleich, der zum Ergebnis hat: „Das Bootshaus nebst Grundstück wird von dem RVC an den KSV-Auedamm am 15. April 1994 übergeben - einschließlich Bootssteg. Der KSV-Auedamm entschädigt den RVC mit einer Gesamtsumme von 178.000,-- DM."

Durch diesen Vergleich, den wir uneingeschränkt als Erfolg verbuchen, haben wir eine nochmalige Prozesswelle über die Höhe der Entschädigungssumme vermieden. Das Prozessrisiko, in mehreren Prozessen unter Zuhilfenahme von Sachverständigen, die üblicherweise äußerst teuer sind, einen günstigeren Entschädigungspreis zu erlangen, war uns zu hoch. Wir hätten es zwar gern noch billiger gehabt, aber auch die Gegenseite - das darf nicht übersehen werden - hätte wohl sehr gern einen weitaus höheren Entschädigungspreis erzielt (ich erinnere an ursprünglich geforderte 450.000,- DM!).

Ich, Jürgen Würzberg, wurde damals bestens unterstützt durch den wirtschaftlichen Rat unseres Schatzmeisters Eberhard Lindig.

Er erlebte eine Belastung, die durch die große Freude wettgemacht wurde, für unseren Verein ein großes Stück Rechtsfrieden erreicht zu haben